WISSEN💡Lust und Langzeitbeziehung - Lust in Langzeitbeziehungen: Leidenschaft oder Langeweile?

In langjährigen Partnerschaften unterliegt die sexuelle Lust einem Wandel. Viele Paare erinnern sich sehnsüchtig an die Leidenschaft zu Beginn ihrer Beziehung zurück. Doch Lust passt sich den Lebensumständen an, und Veränderung muss nicht zwangsläufig negativ sein, sondern kann auch neue Erlebnisse ermöglichen.

Frühere Vorstellungen darüber, wie sich Lust in Partnerschaften entwickelt, wurden oft von Stereotypen und falschen Annahmen beeinflusst. Doch dank der Forschung der letzten Jahre können wir nun einen differenzierteren Blick auf dieses komplexe Thema werfen.

Die Vielschichtigkeit der sexuellen Lust

Sexuelle Lust ist ein komplexes Phänomen, das von individuellen, zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Faktoren beeinflusst wird. Forscher haben deutlich gezeigt, dass die sexuelle Lust sowohl mit der sexuellen Zufriedenheit als auch der Zufriedenheit mit der Beziehung zusammenhängt. Es lohnt sich daher, sich eingehender mit der eigenen Lust auseinanderzusetzen.

Lust ist individuell

Die Diskussionen über sexuelle Lust sind von traditionellen Geschlechterrollen geprägt. Annahmen darüber, dass Frauen weniger Lust empfinden als Männer, werden von der Forschung nicht gestützt. Tatsächlich zeigen Studien, dass es innerhalb jedes Geschlechts eine Vielzahl von Lustvariationen gibt. Von Geschlechtsunterschieden auszugehen, kann Frauen und Männer daran hindern, wieder in ihre Lust zu finden. Was sind hier deine Glaubenssätze?

Spontan und reaktiv - veraltetes Prinzip?

Die Unterscheidung zwischen spontaner und reaktiver Lust, also ob die Lust "einfach so" kommt (spontan) oder ob es erst ein paar "Signale" vom Partner oder der Partnerin geben muss (reaktiv), ist verbreitet. Letzteres wird eher Frauen zugeschrieben, basierend auf stereotypen Vorstellungen von Lust. Für Frauen kann sich Lust jedoch anders darstellen und sehr viel nuancierter sein. Der Austausch von Zärtlichkeiten über den Tag, warme Worte und Gesten können auch den Beginn einer Lust auf Sex bedeuten. Es ist wichtig zu verstehen, dass sexuelle Lust in Beziehungen nur entstehen kann, wenn die Beziehungsdynamik sie zulässt. Es geht nicht nur um die "15 Minuten" im Bett.

Ein Nein zu Sex kann ein Ja zur Lust bedeuten

Sex zu haben, auf den man keine Lust hat, kann neue Lust verhindern. Manche Frauen beschreiben in langjährigen Beziehungen einen Rückgang der Lust auf Sex. Manche begründen es darin, dass sie sich durch die Erwartungen des Partners unter Druck gesetzt fühlen. Dann hat Frau öfter Sex um des Beziehungsfriedens wegen. Leider speichert das Gehirn dadurch ab: "Sex: muss man ab und zu durch", wodurch die Lust darauf weiter sinken kann. Ein kleiner Teufelskreis. Deshalb ist es wichtig, die eigene Lust (oder Unlust) nicht zu ignorieren und offen über das eigene Bedürfnis zu sprechen. Gemeinsam gilt es, an einer neuen Intimität zu arbeiten, die der gegenwärtigen Lebenssituation gerecht wird und beiden gut tut.

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Praktische Empfehlungen

  1. Kommunikation: Offene und ehrliche Gespräche über sexuelle Bedürfnisse und Wünsche sind der Schlüssel. Es ist wichtig, im Gespräch bei sich zu bleiben und keine Du-Botschaften zu senden. Statt "du küsst mich nicht zärtlich genug", lieber "ich mag es besonders, wenn du mich zärtlich auf den Mund küsst, das macht mir Lust".

  2. Abwechslung und Neugierde: Gemeinsam neue sexuelle Erfahrungen zu machen, erscheint vielleicht als ein abgedroschener Tipp. Tatsächlich können neue Unternehmungen wieder Schwung in den (sexuellen) Alltag bringen - vielleicht ein Tanzkurs, neue Wellness Routinen, einander Vorlesen? Wichtig ist, dass es von beiden wertgeschätzt und am besten genossen wird.

  3. Gleichberechtigung: Studien belegen, dass in respektvollen und gleichberechtigten Partnerschaften die Zufriedenheit über Sex- und Beziehungsleben steigt. Wie gleichberechtigt ist euer Haushalt? 

  4. Selbstfürsorge: Jede Frau ist selbst dafür verantwortlich, auf ihr körperliches Wohl zu achten. Lust hängt viel vom eigenen Wohlbefinden ab. Sport, soziale Kontakte und ein gesunder Lebensstil sind dabei essentiell.

  5. Guter Sex ist Arbeit: Obwohl Sex als etwas sehr Wichtiges in Beziehungen geschätzt wird, ist es nur selten etwas, wofür sich Paare dezidiert Zeit nehmen. Es gibt tolle Programme oder Paartherapien, die erst genutzt werden, wenn das Paar kurz vor der Trennung steht.

Die Lust in Langzeitbeziehungen ist ein facettenreiches Thema, das eine ganzheitliche Betrachtung erfordert. Durch eine offene und respektvolle Herangehensweise können Paare Wege finden, um die Lust und Zufriedenheit in ihrer Beziehung aufrechtzuerhalten. Indem wir uns von Stereotypen lösen und die Vielfalt von Beziehungen anerkennen, können wir eine erfüllende und bereichernde Partnerschaft gestalten.

Quellen

Mark KP, Lasslo JA. Maintaining Sexual Desire in Long-Term Relationships: A Systematic Review and Conceptual Model. J Sex Res. 2018 May-Jun;55(4-5):563-581. doi: 10.1080/00224499.2018.1437592. Epub 2018 Mar 9.

Eva Johansen, Astrid Harkin, Fionna Keating, Amelia Sanchez & Dr Simone Buzwell (2023) Fairer Sex: The Role of Relationship Equity in Female Sexual Desire, The Journal of Sex Research, 60:4, 498-507

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“Sex wurde neu definiert und nicht nur auf Penetration reduziert” Andira, 34