“Durch unsere Verbundenheit war er wie ein zuhause für mich” Leonie, 33

Wir haben uns auf der Party eines Klassenkameraden kennengelernt, beide 17 Jahre jung. Er hat mich eine Woche später per SMS angeschrieben, was ich total schön fand. Wir hatten an dem Abend gar nicht so viel kommuniziert und ich dachte, der spielt eh in einer “höheren Liga” als ich. Da habe ich mich natürlich doppelt gefreut, dass er auf mich zu kam. Wir schrieben uns ein wenig hin- und her, haben uns getroffen und waren dann ganz zackig ein Paar und das blieben wir für sieben Jahre. Wir haben uns drei bis viermal pro Woche gesehen, manchmal häufiger. 

Durch unsere Verbundenheit war er wie ein zuhause für mich. Er gab mir ganz viel Stabilität, Liebe, Geborgenheit und Zusammengehörigkeitsgefühl. Ich fand es toll mit seinem Freundeskreis zusammenzuwachsen. Ich habe mich dort sehr wohl gefühlt und es hat mich inspiriert. Ich fand es unglaublich schön, Urlaube gemeinsam zu planen, die Wochenenden miteinander zu verbringen. Sich ganz tief kennenzulernen. Manchmal fühlte ich mich aber auch eingeengt, besonders, wenn ich eine andere Art der Beziehungsführung bei anderen Pärchen sah. Die Enge war allerdings für meinen Partner sehr wichtig. Gelegentlich habe ich mich deshalb nach mehr Freiheit oder sogar einem anderen Partner gesehnt. 

Ich habe meine eigene Sexualität damals als dreckig empfunden
Auch der Sex war mit ambivalenten Gefühlen verbunden: zum einen Genuß und Verbindung; zum anderen die Angst, im nächsten Moment wieder fallengelassen zu werden. Diese liebevolle Nähe und Verbindung beim Sex hätte ich mir für eine feste Beziehung mit ihm gewünscht. Allerdings war mein Sexualverhalten als 17 Jährige noch sehr zurückhaltend, ich hatte einige Blockaden, habe mich meinem Partner hingegeben und untergeordnet, wollte vor allem ihn glücklich machen und habe meine eigenen Bedürfnisse zurückgestellt - bzw habe sie gar nicht gekannt und erforscht. Ich habe meine eigene Sexualität damals als dreckig empfunden, auch meine Geschlechtsteile empfand ich als eklig. Ich habe mich abgelehnt. 

Ich fühlte mich dadurch abgelehnt und nicht geliebt
Nach ein paar Jahren wollte ich zusammen ziehen. Das war meine Erwartung an eine feste Beziehung, die sich über einige Zeit bewährt hat. Diese Sehnsucht von mir sollte erfüllt werden. Leider ging darüber unsere Beziehung in die Brüche. Wir wollten in eine Wohnung in eine Kleinstadt ziehen. Ich hatte mich schon total darauf gefreut und mir innerlich Bilder ausgemalt, wie das dann aussehen wird. Nachdem wir diese Entscheidung gefällt hatten, hatte seine Mutter die Idee, wir könnten doch in eine Wohnung auf dem Dorf ziehen, die sie selbst vermieteten. Für mich war das keine Option, da ich mit Anfang 20 in eine Stadt ziehen wollte, die Lebendigkeit spüren wollte und nicht so nah bei den Eltern bleiben wollte. Ich wollte unabhängig sein. Mein Freund fand die Idee seiner Mutter gut, hat sich auf ihre Seite gestellt und ich fühlte mich dadurch abgelehnt und nicht geliebt. Das hat sehr weh getan. Doch diesen Schmerz konnte ich meinem Freund nicht wirklich mitteilen, sondern bin eher in eine Schockstarre verfallen und habe mich eher isoliert. Daher war es für ihn nicht nachvollziehbar, dass ich deshalb die Beziehung beendete. Er konnte es nicht verstehen. Als ich merkte, wie sehr ich ihn vermisste und noch liebte, war es für ein “Wiederaufleben-Lassen” der Beziehung zu spät. Ich hatte mich getrennt und er inzwischen schon wieder eine neue Beziehung gefunden.

Ich bin fremdgegangen und habe es meinem Partner gegenüber verheimlicht
Leider habe ich des öfteren mit Eifersucht zu kämpfen. Ich werde eifersüchtig, wenn die Person, die ich begehre mit einer anderen Frau spricht. Besonders, wenn die Frau beruflich extrem erfolgreich, unglaublich charismatisch oder intellektuell ist, also so ist, wie ich gerne sein würde. Ich versuche, nicht zu vergleichen, sondern einfach festzustellen, dass sie das kann und mein Freund das vielleicht gerade interessant findet. Das triggert häufig Verlustangst in mir. 

Wenn ich dagegen während einer Beziehung Lust auf jemand anderen hatte, habe ich es nicht mit meinem Partner angesprochen. Ich hatte ein schlechtes Gewissen und gleichzeitig war es sehr reizvoll. Daraufhin habe ich an der aktuellen Beziehung gezweifelt, was immer unangenehm war. Ich habe den Kontakt zur anderen Person gesucht - ohne Sex zu haben. Bis auf einmal. Ich bin fremdgegangen und habe es meinem Partner gegenüber verheimlicht und mich schuldig gefühlt. Die Anziehung war meist weniger körperlich, sondern eher weil die andere Person sehr interessant war oder mich emotional auf einer Ebene berührte. Interessanterweise war das häufig zum Ende einer Beziehung - entweder habe ich gemerkt, dass ich vor habe mich zu trennen oder mein Partner war nicht mehr so “am Ball”.

“Appetit kann man sich holen, gegessen wird zuhause”
Trotzdem kommt für mich eine offene Beziehung nicht in Frage. Ein Commitment zu zweit fühlt sich für mich richtiger an. Ich wünsche mir aber für die nächste Beziehung, dass ich mir nicht verbiete, andere attraktiv zu finden - so nach dem Motto “Appetit kann man sich holen, gegessen wird zuhause” - das bringt bestimmt auch mehr Lebendigkeit in die eigenen Beziehung. 

Aktuell bin ich Single. Eine feste monogame Langzeitbeziehung ist das Konstrukt, das ich mir für mich wünsche - schon seit meiner Kindheit. Meine Eltern sind getrennt und waren auch noch nicht so ganz fest zusammen als ich auf die Welt kam. Die Beziehung war immer etwas wackelig. Nach der Trennung hatte meine Mutter viele wechselnde Partner. Bei meinen Freundinnen habe ich erfahren, wie schön ein richtiges Familienleben sein kann mit Sonntagsausflügen und anderen Geschwistern. Solch eine sichere Bindung habe ich mir immer schon für mich gewünscht: eine Familie mit einem Mann, mit dem ich eine tiefe Verbundenheit teile. 

Mir ist bewusst, dass eine feste monogame Beziehung auch Herausforderungen mit sich bringt und man sich aneinander reibt und es sicherlich auch Momente gibt, wo ich lieber wieder in mein Single Leben abhauen würde. Aber ich habe den großen Wunsch nach einer gemeinsamen Familie, nach Kindern, ein gemeinsames zuhause, auch mit Tieren. Ich finde die Vorstellung schön, ein gemeinsames Leben aufzubauen und zu gestalten. Aber diese Person muss die gleichen Werte wie ich vertreten und eine gemeinsame Vision mit mir zusammen haben. Gemeinsam das Leben gestalten ist das, was mich begeistert. 

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“Und dann kam er und ich fühlte mich gleichberechtigt und gleichwertig” Katja, 46

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“Wie wollen wir unsere Beziehung gestalten?” Rieke, 28