“Ich nahm stolz 15 Jahre die Pille” Julia, 36

Zwei Monate bevor meine Periode einsetzte - wurde ich in der Schule von einem Notarzt abgeholt, weil ich vor Schmerzen zusammengebrochen war. 

Lange bevor meine Periode einsetzte, hatte ich bereits mit erotischen Träumen zu tun. Doch ich konnte sie nicht teilen oder einordnen. Ich wusste nicht mal, ob das normal war und so sein durfte. War ich noch ganz richtig? 

Dann fingen irgendwann an meine Brüste zu spannen - auch bekam ich die höllischsten Unterleibsschmerzen ohne dass etwas passierte. 

Zwei Monate bevor meine Periode einsetzte - wurde ich in der Schule von einem Notarzt abgeholt, weil ich vor Schmerzen zusammengebrochen war. 

Wie peinlich war es, dann mit der Diagnose „sie bekommt demnächst ihre Periode“ von meinem Vater abgeholt zu werden und auch noch am nächsten Tag zurück in die Schule gehen zu müssen und den neugierigen und/oder besorgten Fragen ausweichen zu müssen. 

Erneut ein Erlebnis was mir die Scham ins Gesicht führte. 

Sie kaufte mir die gleichen Binden und Tampons, die sie nutzte

Als die Blutung dann wirklich einsetzte - passierte diese natürlich ebenfalls in der Schule. Und was trug ich an dem Tag? Natürlich ganz klischeehaft eine weisse Jeanshose. Oh man - ich hab mich dann aufgrund meiner Scham und mit dem wahren Vorwand der starken Schmerzen im Sekretariat abgemeldet. 

Zu Hause angekommen wandt ich mich der Person zu, der ich blind vertraute - meinem Vater. 

Er ging mit mir in eine Drogerie und war jedoch ähnlich wie ich maßlos überfordert und beschämt von der Situation und dem Angebot an Hygieneartikeln, also verwies er mich an meine Mutter.  Doch irgendwie fand ich nicht den Zugang zu ihr. Sie kaufte mir die gleichen Binden und Tampons, die sie nutzte und ging mit mir zu ihrem Frauenarzt. Dort schilderte sie meine mit der Weile entstandenen „Symptome“ - als wäre ich krank. 

Resultat: ich nahm stolz 15 Jahre die Pille. 

Vor allem meine Pickel und meine Stimmungsschwankungen standen neben den schrecklichen Schmerzen im Vordergrund. Der Arzt verschrieb mir innerhalb von 5min die Pille - es gab eine mini Erläuterung zu den Nebenwirkungen wie zB. dem Thromboserisiko - jedoch wurden diese abgeschwächt dargestellt und der Nutzen in den Vordergrund gestellt.

Resultat: ich nahm stolz 15 Jahre die Pille. Teilweise sogar durchgängig, um die für mich lästige Abbruchblutung zu umgehen. Und ich erkannte wirklich keinerlei „Nebenwirkungen“ - ich hatte plötzlich reine Haut, straffe Brüste, meine Stimmungsschwankungen wurden besser und meine Schmerzen waren ebenfalls unter Kontrolle. 

Doch ich wusste in den ganzen 15 Jahren nie was Libido heisst. Sex wurde für mich etwas vom Mann gesteuertes. Wann? Wie? Und was? Ich hatte tatsächlich keinerlei Lustempfinden. 

Mit 36 Jahren habe ich dann in einem Online-Zyklusworkshop meinen Zyklus kennen- und lieben gelernt. 

Auch bestand der weibliche Zyklus für mich lediglich aus der Periode. Später mit Kinderwunsch gesellte sich noch der für mich mysteriöse und noch unberechenbare Eisprung dazu. 

Für eine mit der Weile erwachsene Frau wusste ich erstaunlich wenig über den weiblichen Zyklus und damit über meinen eigenen Körper. 

Erst nach der Schwangerschaft und Geburt mit 30 Jahren kam ich dem näher. Mit 36 Jahren habe ich dann in einem Online-Zyklusworkshop meinen Zyklus kennen- und lieben gelernt. Wahnsinn wie mir dieses Wissen vorenthalten war und ich dies aufgrund meiner eigenen Scham und trotz stetiger Neugier aufrecht erhalten habe. 

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