“Wir hatten Slowsex, bevor ich überhaupt jemals etwas von dem Begriff gehört hatte”  Miri, 28

Beim Slow Sex geht es für mich vor allem darum, mich darauf zu konzentrieren, meinen eigenen Körper und den meines Partners mit allen Sinnen zu spüren. Und darum, den Druck rauszunehmen, eine tolle oder besonders athletische Leistung abliefern zu müssen. Das funktioniert meiner Erfahrung nach am besten bei reduziertem Tempo - slow sex eben. Bis ich diese Methode für mich entdeckt habe, hat es aber eine Weile gedauert.

Im Teenageralter hatte ich keine allzu großen Erwartungen an Sex. Ich dachte, dass man es als Frau einfach über sich ergehen lässt. Man liegt da und wird vom Mann „durchgevögelt“. So oder so ähnlich liefen meine ersten sexuellen Erfahrungen dann leider auch ab. Ich konnte es nicht genießen. Ganz im Gegenteil, es war unangenehm und die Penetration schmerzhaft.

Für ihn bedeutete Sex mehr als einfache Bedürfnisbefriedigung. 
Ein paar Jahre später, mit etwa 20, lernte ich in einem Auslandsjahr einen Mann kennen, in den ich mich heftig verliebte. Wir kamen uns näher und anders als mit Männern vor ihm, sprachen wir viel über Sex. Für ihn bedeutete Sex mehr als einfache Bedürfnisbefriedigung. Es erzeugte  Nähe und Intimität und ging nicht darum, eine Performance abzuliefern. Das hat für mich damals einen Schalter umgelegt. Ich konnte mich auf Sex mit ihm besser einlassen und mich mehr entspannen. Da Penetration für mich damals unangenehm war, konzentrierten wir uns auf andere Dinge. Wir streichelten uns, stimulierten unsere Genitalien mit Händen oder Mündern und massierten uns – und dafür nahmen wir uns viel Zeit. Es fühlte sich intuitiv und gut an. Wir hatten Slowsex, bevor ich überhaupt jemals etwas von dem Begriff gehört hatte. 

Bei langsamerer Intimität konnte ich das Geschehen wirklich verarbeiten und mehr im Moment sein
Bei schnellerem Sex war ich entweder schnell überstimuliert oder spürte irgendwann gar nichts mehr. Bei langsamerer Intimität konnte ich das Geschehen wirklich verarbeiten und mehr im Moment sein, ohne mir ständig darüber Gedanken zu machen, ob es ihm gerade gefällt oder wie ich dabei aussehe. Ich konnte mich auch körperlich  besser darauf einlassen, indem ich zum Beispiel meinen Beckenboden ganz bewusst anspannte. Sex mit ihm war nicht mehr zwangsläufig mit Penetration verbunden. Was ich sonst als Vorspiel und nettes Beiwerk empfand, stand nun im Fokus. Und das genoss ich sehr. 

Erst als ich mich damit auseinandersetzte, warum Penetration für mich unangenehm war, las ich zum ersten Mal etwas von Slow Sex. Slow Sex wurde in einigen Blogs als Methode angepriesen, um Sex mehr zu geniessen. Ich fühlte mich zwar bestätigt in meinen positiven Erfahrungen, eine Erklärung für  meine unangnehemen und schmerzhaften Empfindungen beim penetrativen Sex, fand ich jedoch nicht. 

Wenn ich nicht gelernt hätte, Penetration für mich allein schön zu finden, hätte ich das niemals mit einem Partner gekonnt. 
Ich entschied mich, Penetration erst einmal für mich selbst zu entdecken. Beim Masturbieren habe ich zum Beispiel meinen Finger oder einen Dildo in meine Vagina eingeführt und mich auf die Empfindungen konzentriert. Nach und nach wurde ich sensibler für diese Art Stimulation. Ich lernte mich darauf einzulassen und es sogar zu genießen. Dieser Schritt war für mich unheimlich wichtig. Wenn ich nicht gelernt hätte, Penetration für mich allein schön zu finden, hätte ich das niemals mit einem Partner gekonnt. Mittlerweile ist penetrativer Sex für mich total schön und vielleicht sogar das Beste am Sex. 

Heute dauert eine Sex-Einheit so zwischen 30 Minuten und 3 Stunden
Meine bisherigen Sexpartner haben immer positiv auf Slow Sex reagiert. Für meinen aktuellen Freund war diese Art Sex zu haben komplett neu und total bereichernd. In der Verliebtheitsphase haben wir manchmal die ganze Nacht damit verbracht, miteinander zu schlafen. Es gab einfach so viel zu entdecken. Wir haben uns oft gegenseitig die Augen verbunden und den Körper des anderen verwöhnt, mit unseren Händen, Mündern oder mit verschiedenen Gegenständen. Am liebsten mag ich einen Puderpinsel. Durch die vielen feinen Härchen fühlt sich jede Berührung damit wahnsinnig intensiv an und es funktioniert besonders gut, um den anderen damit zu necken. Im Anschluss haben wir meistens penetrativen Sex, aber auch das in einem eher langsamen Rhythmus. Heute dauert eine Sex-Einheit so zwischen 30min und 3h, - mit Kuschelpausen natürlich.

Er war außerdem überrascht von der Intensität seiner Orgasmen. 
Besonders schön war es, mit anzusehen, wie auch er sich beim Slow Sex weniger unter Druck gesetzt fühlte. Ängste, die ihn zuvor eingenommen hatten, wie seine Erektion zu verlieren, nicht hart genug zu sein oder nicht lange genug durchzuhalten, beschäftigten ihn dabei kaum noch. Er war außerdem überrascht von der Intensität seiner Orgasmen. Auch ich komme beim Slow Sex recht zuverlässig zum Höhepunkt. Die Orgasmen sind aber deutlich weniger intensiv als die, die ich mit mir allein habe. 

Dadurch, dass wir uns mehr Zeit lassen, probieren wir mehr Neues aus 
Einer der für mich schönsten Vorteile von Slow Sex ist außerdem, dass Kommunikation mir dabei viel leichter fällt. Gestik und Mimik reichen meist aus, um dem Partner mitzuteilen, was einen anmacht. Ich finde es unheimlich heiß, wenn ich merke, wie sehr ihn meine Berührungen erregen. Was ihn dann wiederum scharf macht. Die Erregung, die ich dabei spüre, ist deshalb viel intensiver. 

Dadurch, dass wir uns mehr Zeit lassen, probieren wir mehr Neues aus und tauschen uns dann über diese neue Erfahrung aus. Es ist zu einer Art Ritual für uns geworden, nach dem Sex darüber zu sprechen, was uns besonders gut gefallen hat. Das verstärkt noch einmal die Intimität und Verbundenheit, die ich mit meinem Partner nach dem Sex spüre. 

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